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Image by Roman Kraft

Aktuelles

Der Bundesrat hat die von der Bundesregierung geplante "Länderöffnungsklausel" in seiner Sitzung am 2. Juni 2014 abgelehnt. Die Klausel soll den Bundesländern die Möglichkeit eröffnen, Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauungen festzulegen. Die Länderkammer sieht den Gesetzentwurf der Großen Koalition als „überflüssig und im Hinblick auf die notwendige Umsetzung der Energiewende als kontraproduktiv“ an. Auch Wirtschafts- und Rechtsexperten, Vertreter von Umwelt- und Kommunalverbänden haben die "Länderöffnungsklausel" bei einer Anhörung im Deutschen Bundestag am 21. Mai 2014 einhellig abgelehnt. Die Große Koalition hat die Klausel dennoch ins Gesetz aufgenommen.

Die Vertreterin des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Ulrich Battis verwiesen in der Anhörung auf rechtliche Probleme. Battis warnte, ein Eingriff der Länder, wäre mit den weiterhin bestehenden bundesgesetzlichen Vorgaben unvereinbar, „ein unverhältnismäßiger und daher verfassungswidriger Eingriff in die kommunale Planungshoheit“. Es drohten Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie dem Bundesverfassungsgericht. Die Rechtsexperten stellten klar, die Kommunen hätten bereits heute die Möglichkeit, die Ansiedlung von Windenergieanlagen zu steuern und Abstandsvorgaben zu machen. Insofern gebe es über die rechtlichen Bedenken hinaus gar kein Erfordernis für die von der Bundesregierung geplante gesetzliche Neuregelung. Auch in der Begründung des Bundesrates heißt es, dass bereits das geltende Recht den Ländern und insbesondere den Kommunen über bauplanungsrechtliche und immissionsschutzrechtliche Regelungen die Möglichkeit einräume, angemessene Abstände zu anderen baurechtlich zulässigen Nutzungen, insbesondere zur Wohnbebauung, bei der Errichtung von Windenergieanlagen festzulegen. Zudem würde die Einführung einer Länderöffnungsklausel dazu führen, dass die Privilegierung der Windenergie ausgehöhlt bzw. unterlaufen werden könnte. Das sei eine Gefahr für die Energiewende. Angesichts der Siedlungsdichte in Deutschland seien Abstandsregelungen die zentrale „Stellschraube“ für die Entscheidung, wie viel Raum für die Windenergienutzung zur Verfügung stehe. Entsprechend hoch festgesetzte Mindestabstände könnten notwendigen Ausbau der Windenergienutzung unmöglich machen oder zumindest stark einschränken, warnt die Länderkammer. In ihrer Gegenäußerung schreibt die Bundesregierung, dass sie an ihrem Gesetzentwurf festhalten wolle. Ins energiepolitische Abseite stellte sich bei der Anhörung im Bundestag Markus Pfitsch von der Bundesinitiative Vernunftkraftwerk, einem Zusammenschluss von Bürgerinitiativen. "Jede weitere Windkraftanlage ist unsinnig", wird Pfitsch zitiert. Wie die Energiewende im Strombereich ohne einen deutlichen Ausbau der Windenergie funktionieren soll, ließ er offen. Weitere Einzelheiten unter www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2014/pa_umwelt/276856

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat der neuen Bundesregierung im Sondergutachten "Den Strommarkt der Zukunft gestalten" wichtige Leitsätze für die Energiewende ins Stammbuch geschrieben. Während CDU/CSU und SPD nach wie vor das Loblied von der Kohleverstromung anstimmen, stellen die Umweltberater der Bundesregierung klar: Das Überangebot an unflexiblen Kraftwerken - in erster Linie Braunkohlekraftwerken - muss abgebaut werden. Stattdessen werden flexible Kraftwerke - insbesondere Gaskraftwerke - benötigt, um die schwankende Erzeugung aus Sonne und Wind auszugleichen. Die Energieeffizienz müsse auf europäischer Ebene vorangebracht werden, der Preis für Kohlendioxidemissionen müsse deutlich erhöht werden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bezeichnet der Sachverständigenrat als treibende Kraft der Energiewende und Erfolgsmodell mit internationaler Strahlkraft.

Die Kurzfassung des Sondergutachtens "Den Strommarkt der Zukunft gestalten" ins abrufbar unter www.umweltrat.de.

Der Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung in Nordrhein-Westfalen soll bis 2020 von derzeit ca. 3,5 % auf 15 % gesteigert werden. "Wir müssen das Tempo anziehen", machte NRW-Umwelt- und Klimaschutzminister Johannes Remmel (Bündnis 90/Die Grünen) bei einer Diskussionsveranstaltung unter dem Motto "Energiewende durch lokales Handeln" vor etwa 150 Besuchern in Paderborn deutlich. Der Kreis Paderborn hat in seinem Klimaschutzkonzept festgeschrieben, bereits bis 2020 den gesamten Stromverbrauch durch regenerative Energieträger zu decken. Dazu muss die Windenergieleistung im Kreis Paderborn etwa vervierfacht werden, rechnete Jürgen Wrona, Geschäftsführer der Firma Bau- und Umwelttechnik GmbH aus Delbrück und Sprecher des Runden Tisches "Paderborner Land 100 % erneuerbar" vor.

Derzeit werden im Kreis Paderborn ca. 400 Gigawattstunden (GWh) Windstrom pro Jahr erzeugt. Laut Klimaschutzkonzept für den Kreis Paderborn, das der Kreistag mit breiter Mehrheit von CDU, SPD, Grünen, Linken und Unabhängigen beschlossen hat, müssten es bis 2020 mindestens 1.200 GWh werden. Es ist aber absehbar, dass der Ausbau der Photovoltaik an Dynamik verliert und auch die Stromeinsparungen geringer sein werden als prognostiziert. Das Potential der Biomasse ist weitgehend ausgeschöpft, Wasserkraft und sonstige Energieträger (z.B. Verstromung von Deponiegas) spielen im Kreis Paderborn keine große Rolle. Nach Einschätzung von Wrona ist somit bis zum Jahr 2020 eine Verbrauchslücke von 1.500 bis 1.600 GWh mit Windenergie zu schließen - das ist viermal soviel wie heute. Das Ziel ist nur zu erreichen, wenn Altanlagen repowert und ca. 2,5 % der Gesamtfläche für die Windenergie freigegeben werden. Zurzeit sind es kreisweit ca. 1,7 %.

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